Recycelte Rohstoffe – Ressourcen der Zukunft

Die Schweiz ist führend im Recycling

Die natürlichen Ressourcen werden knapp. Gleichzeitig werden sie für die Bedürfnisse einer immer dichter bevölkerten Welt mit wachsenden Ansprüchen dringend gebraucht. Gebäude und Verkehr verschlingen grosse Mengen an Primärrohstoffen. Recycling ist der einzige Weg, um unsere Ressourcen zu schonen und diese zu schützen. In einer geschlossenen Kreislaufwirtschaft werden Produkte am Ende ihrer Nutzung nicht als Abfall, sondern als neue Rohstoffe gesehen.

Seit über 20 Jahren stellen in der Schweiz die drei Rücknahmesysteme Swico, SENS eRecycling und SLRS die Rücknahme und Wiederverwertung sowie die fachgerechte Entsorgung von elektrischen und elektronischen Geräten sicher. Dabei hat die Aufteilung auf drei Systeme historische Gründe, weil in den Anfangsjahren des institutionellen Recyclings branchenspezifische Systeme aufgebaut wurden. Und obwohl der Verbrauch natürlicher Ressourcen hierzulande überdurchschnittlich hoch ist, wird unser Recyclingsystem von der Sammlung über die Sortierung bis zur Wiederverwertung von Abfällen häufig als beispielhaft aufgeführt. Denn die Schweiz verfügt über eine leistungsfähige Infrastruktur für eine wirkungsvolle Abfallbewirtschaftung, und die öffentliche Hand fördert aktiv jede Art von Recycling. Bereits in den 1980er-Jahren verfolgte die Schweiz als rohstoffarmes Land Ansätze zu einer Kreislaufwirtschaft. Dieses Modell betrachtet den gesamten Material- und Produktkreislauf bis hin zum Recycling und hat sich insbesondere beim Abfallmanagement etabliert.

Herr und Frau Schweizer haben im letzten Jahr durchschnittlich 10,34 Kilogramm Elektro- und Elektronikaltgeräte im SENS-System entsorgt. Die totale Menge entsorgter SENS-Geräte beläuft sich auf ein Gesamtgewicht von 89 514 Tonnen (inkl. Leuchtmittel und Photovoltaik).

Allein im vergangenen Jahr 2021 wurden in der Schweiz rund 15 Kilogramm Elektroschrott pro Person gesammelt, das sind über 100 000 Tonnen Elektrogeräte. Rückblickend auf die letzten 30 Jahre wurden 1,3 Millionen Tonnen Elektrogeräte in den Recycling-Kreislauf zurückgeführt. Neben den gesammelten Mengen ist auch der Nutzen des Recyclings von Elektrogeräten beeindruckend. Dies zeigen die Zahlen der aktuellen Ökobilanz: allein der Klimanutzen von 30 Jahren Schweizer Elektrogeräte-Recycling beträgt 6,4 Mio. Tonnen CO2.

Seit der Gründung von SENS eRecycling im Jahr 1990 konnten 890 000 Tonnen Wertstoffe zurückgewonnen werden. Stahl und Eisen haben dabei mit rund 80 % den grössten Anteil. Mit den über 700 000 gewonnenen Tonnen könnten 70 Eiffeltürme gebaut werden. 2,53 Millionen Velos könnten aus den 38 000 Tonnen Aluminium hergestellt werden, und die 43 500 Tonnen Kupfer würden 43,5 Millionen Trompeten ergeben. Beeindruckende Zahlen, welche die Wichtigkeit der Wertstoffgewinnung deutlich machen.

Total verarbeitete elektrische und elektronische Geräte 2020

Menge in der Schweiz in Tonnen

Wenn wir im Recycling die Rücklaufquoten der Elektro-Altgeräte betrachten, stehen wir mit durchschnittlich 95 % international an vorderster Stelle. Herr und Frau Schweizer sind tatkräftige Unterstützer der fachgerechten Entsorgung – mit dem hier jährlich Gesammelten können wir davon ausgehen, dass die Elektro-Altgeräte als Sekundärrohstoff wieder im Kreislauf landen. Die gesammelte Menge sagt aber auch viel über unseren Verbrauch und Lebensstil aus – denn die Mengen an Elektroschrott steigen jedes Jahr. Elektroschrott ist der am schnellsten wachsende Abfallstrom der Welt. Bis ins Jahr 2030 rechnet die UNO mit unglaublichen 74,7 Millionen Tonnen Elektroschrott. Dies zeigt, wie wichtig fachgerechtes Recyceln und damit die Gewinnung und Wiederverwertung von Wertstoffen, aber auch die Entsorgung von Schadstoffen ist.

Recycling von elektronischen Geräten wird ausgedehnt

Bevor die SENS im Jahr 1990 ihre Tätigkeit aufnahm, wurden kleine Elektrogeräte meist mit dem Hausmüll entsorgt. Metallreiche Grossgeräte wie Waschmaschinen wurden teilweise über Betriebe entsorgt, welche sich auf Metallrecycling spezialisiert haben. Keine Beachtung wurde aber seinerzeit den in den Geräten verbauten Schadstoffen zuteil. Erst internationale Einigungen wie z. B. der Beschluss über das Verbot ozonabbauender Rohstoffe lenkten die Aufmerksamkeit auf die Schadstoffe in Elektro-Altgeräten.

Mit dem Ziel, die in den Kühlgeräten enthaltenen Schadstoffe umweltgerecht zu entsorgen, richtete die SENS damals als erste ein auf freiwilliger Basis beruhendes Sammel- und Entsorgungssystem ein. Mit Inkrafttreten der Verordnung über die Rücknahme und Entsorgung elektrischer und elektronischer Geräte (VREG) im Jahr 1998 wurde das System auf Elektro-Kleingeräte und Elektro-Grossgeräte ausgeweitet. Die erste Revision der VREG im Jahr 2005 hatte zur Folge, dass auch Leuchten und Lampen integriert wurden. Für die Entsorgung von Elektronikgeräten existierte damals ein separates System von Swico.

Zusammensetzung der Sammelmengen 2020

Zusammensetzung der erzeugten Fraktionen in % im Jahr 2020. Das Diagramm rechts entspricht der Aufteilung der Schadstoffe, die rund 1 % der gesamten Zusammensetzung ausmachen

Mit der neusten Revision der Verordnung vom Oktober 2021 wird der Geltungsbereich auf alle elektrischen und elektronischen Geräte ausgedehnt. Dazu gehören insbesondere medizinische Geräte, Überwachungs- und Kontrollinstrumente, Ausgabeautomaten und Photovoltaikmodule, die künftig unter die VREG fallen werden. Die Vorgaben gelten neu auch für Geräte aus Fahrzeugen, Bauten und Gegenständen, deren Ausbau mit verhältnismässigem Aufwand möglich ist. Auch seltene Technologiemetalle wie Neodym oder Tantal sollen zurückgewonnen werden, wenn die dafür notwendigen Verfahren existieren. Die revidierte Verordnung ist seit dem 1. Januar 2022 in Kraft.

Elektronik in Fahrzeugen – eine versteckte Goldmine

In unseren Autos hat der Anteil der elektronischen Komponenten über die letzten Jahrzehnte immer stärker zugenommen und der momentane Boom der Elektromobilität heizt diesen Trend weiter an. Genau wie Heimelektronikgeräte enthalten unsere Autos eine Reihe seltener oder edler Metalle, die unverzichtbar sind für die neuen Technologien. Zum Beispiel Gold, Neodym, Kupfer und Kobalt – alles in allem sind beträchtliche Mengen solcher Metalle im Fahrzeugbestand enthalten. In der Schweiz entsprechen diese Mengen etwa jenen in den Heimelektronikgeräten. Doch im Gegensatz zu Letzteren wurde der Grossteil der Fahrzeugelektronik bis jetzt nicht gesondert getrennt und rezykliert, wenn das Auto am Ende seines Lebenszyklus angelangt war. Die Prozesse, die für das Recycling von Autowracks gebräuchlich sind, zielen hauptsächlich auf die Rückgewinnung von Industriemetallen wie Eisen, Kupfer oder Aluminium ab. Seltene und edle Metalle, die vor allem in den Elektronikkomponenten vorzufinden sind, gehen somit verloren.

Automobilbranche im Wandel

Die Automobilbranche erlebt seit einigen Jahren einen tiefgreifenden Wandel, der Marktanteil der Elektrofahrzeuge explodiert geradezu. Im Jahr 2020 war jedes vierte in der Schweiz verkaufte Fahrzeug zumindest teilweise elektrisch angetrieben (d.h. Hybrid oder Plug-in-Hybrid) und etwa ein Fahrzeug von zehn vollelektrisch. Diese Antriebstypen erreichten 2020 einen Anteil von 3,8 % am gesamten Schweizer Fahrzeugbestand, und diese Quote wird in den nächsten Jahren weiter ansteigen.

Diese Entwicklung hat Folgen für die Zusammensetzung der Fahrzeuge und die darin enthaltenen Materialien. Die Elektrofahrzeuge enthalten nämlich elektronische Komponenten, die es bei Verbrennerfahrzeugen gar nicht gibt, etwa Lithium-Ionen-Akkus, Elektromotoren oder ein Batteriemanagementsystem (BMS). Und das Gewicht dieser Komponenten ist durchaus beachtlich: Ein Elektromotor wiegt 40 bis 50 kg, die Batterie eines reinen Elektroautos bringt sogar rund 500 Kilogramm auf die Waage!

Dazu enthalten die Komponenten Rohstoffe, die in den Elektronikteilen konventioneller Fahrzeuge nicht oder kaum vorkommen. In den meisten Lithium-Ionen-Batterien findet sich Kobalt, und für die Herstellung leistungsstarker Dauermagneten, wie sie in den meisten Elektromotoren verbaut werden, braucht es Neodym und Dysprosium. Für die Herstellung der Magnetspulen kommen grosse Mengen Kupfer zum Einsatz. 

Wissenschaftliche Studien beziehen diese Entwicklung mit ein, um Prognosen über die Menge der in den aktuellen und zukünftigen Altfahrzeugen verfügbaren Rohstoffe anzustellen. Die Studien wollen zur Entwicklung industrieller Recyclingprojekte anregen und politische Massnahmen unterstützen. Heute ist die Gesellschaft mehr denn je auf die neuen elektronischen Technologien angewiesen, sei es aus Gründen des Komforts oder der Sicherheit. Das gilt auch für Produktions- und Speichertechnologien im Bereich der erneuerbaren Energien, welche für eine schnelle und effiziente Energiewende entscheidend sind. Neben ihrem beträchtlichen wirtschaftlichen Wert sind diese für die heutigen Technologien wesentlichen Rohstoffe von strategischer Bedeutung.

Recycling von Lithium-Ionen-Batterien

Bis 2025 werden in Europa ca. 800 GWh Energiespeicherkapazität in Form von Lithium-Ionen-Antriebsbatterien produziert. Das entspricht rund 3,2 Millionen Tonnen Batterien jährlich. Heute importiert die Schweiz jährlich ca. 15 000 Tonnen, in drei Jahren dürften es 30 000 und 2030 um die 100 000 Tonnen pro Jahr sein. Die Wertstoffe in den Batterien sind für Autohersteller interessant und dank modernster Verfahrenstechnik kann heute von allen Bestandteilen der Batterie über 90 % zurückgewonnen und wieder in der Produktion neuer Batterien eingesetzt werden. In Europa hat vor zwei Jahren ein erstes Werk den Betrieb aufgenommen, welches diese Technologie in den Grundzügen anwendet. Für das Recycling müssen die Batterien zuerst entladen werden. Der rückgewonnene Strom deckt rund einen Viertel der benötigten Prozessenergie.

Der Transport ausgedienter Batterien über lange Strecken birgt Gefahren und ist teuer. Deshalb sind regionale Recyclingzentren verteilt über ganz Europa der effizienteste Entsorgungsweg. Der Verband der Auto-Importeure «auto-schweiz» und die Librec AG bereiten sich zusammen mit dem Bundesamt für Umwelt, der EMPA und der Berner Fachhochschule auf diese Herausforderung vor. Das Projekt «Librec» hat zum Ziel, Batterien aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland zu sammeln und ab 2024 mit weltweit führender Technologie vollständig zu rezyklieren.

Batterien, die nicht mehr im Elektroauto genutzt werden, können aber auch in ein zweites Leben überführt werden. Je nach Alter und Nutzungsintensität verlieren Lithium-Ionen-Batterien Kapazität. Wenn die kritische Leistungsgrenze unterschritten wird, man spricht von 70 – 80 % der ursprünglichen Leistung, sind die Batterien für den Einsatz im Fahrzeug nicht mehr ohne Einschränkung geeignet. Die Batterie wird aber dadurch nicht wertlos, sie kann im sogenannten «2nd Life» noch über lange Zeit als Stromspeicher weiterverwendet werden. Typische Anwendungen sind die Speicherung von Solarenergie in Gebäuden oder als Puffer für den Ausgleich von Lastspitzen in Schnellladestationen.

Recyclingsystem für Photovoltaikmodule

Photovoltaik-Anlagen haben eine Lebensdauer von mehr als 25 Jahren. Da in der Schweiz solche Anlagen erst ab der Jahrtausendwende in grossem Umfang gebaut wurden, fallen in den nächsten Jahren erstmals grosse Mengen an zu recycelnden Materialien an. Und der Markt für Photovoltaik (PV) wächst sehr schnell: Im Jahr 2020 wurden in der Schweiz fast 50 % mehr Anlagen gebaut als im Vorjahr, und der Bund setzt mit einmaligen Investitionsbeiträgen zusätzliche Anreize für den Bau von PV-Anlagen. Doch auch PV-Anlagen müssen nach Ende ihrer Lebensdauer entsorgt und recycelt werden. Dafür existiert in der Schweiz ein umfassendes und seit Jahren etabliertes System. Hat eine PV-Anlage nach ihrem Einsatz ausgedient oder wurde sie durch äussere Einflüsse beschädigt, wird sie von einem Fachinstallateur abgebaut. SENS holt die demontierten PV-Module vor Ort ab und liefert sie direkt zu einem PV-Recycler. Dies sind zur Verarbeitung von Verbundgläsern spezialisierte Unternehmen im grenznahen europäischen Raum. Dort werden die Bestandteile fachgerecht separiert und wieder aufbereitet. Im Jahr 2020 waren dies bereits 350 Tonnen.

Die PV-Module werden nach dem fachgerechten Abbau direkt durch SENS abgeholt – ohne Zusatzaufwand für den Fachspezialisten. 2020 waren dies bereits 350 Tonnen.

Die Hauptakteure in der Schweizer Kreislaufwirtschaft

  • Swico Recycling ist ein Fonds innerhalb des Wirtschaftsverbands Swico, der sich ausschliesslich mit der kostendeckenden Verwertung von Altgeräten befasst. Der Fokus liegt auf Geräten aus den Bereichen Informatik, Unterhaltungselektronik, Büro, Telekommunikation, grafische Industrie sowie Mess- und Medizinaltechnik.
  • SENS ist eine unabhängige, neutrale und nicht gewinnorientierte Stiftung und tritt nach aussen mit der Marke SENS eRecycling auf. Ihr Fokus liegt auf Rücknahme, Wiederverwertung und Entsorgung von Elektro- und Elektronikgeräten der Bereiche Haushaltsklein- und Haushaltsgrossgeräte, Bau-, Garten- und Hobbygeräte sowie Spielwaren.
  • SLRS kümmert sich um die Organisation der flächendeckenden Entsorgung von Leuchtmitteln und Leuchten in der ganzen Schweiz.
  • Das Projekt «Librec» wird vom Solothurner Start-up Librec AG, dem Bundesamt für Umwelt, auto schweiz, der EMPA, der Berner Fachhochschule und anderen namhaften Partnern unterstützt und hat zum Ziel, Batterien aus der ganzen Schweiz und dem nahen Ausland zu sammeln und ab 2024 mit weltweit führender Technologie vollständig zu rezyklieren.

Quellen: SENS eRecycling, swissrecycling.ch, SLRS, Swico, EDA, Bundesamt für Umwelt (BAFU), Bundesamt für Statistik, swiss-emobility

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